Im Bann der grünen Götter (1/4) Die Ärzte der Pharaonen

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In allen Kulturen standen die Menschen immer wieder vor dem gleichen medizinischen Problem: Wie verschaffe ich Linderung, gar Heilung? Und die Menschen lernten schnell, dass Pflanzen heilen können. Die Dokumentation will sich den Geheimnissen alten Heilwissens nähern, will herausfinden, welche Pflanzen in den großen alten Kulturen benutzt und wie sie angewandt wurden. Konnten sie tatsächlich helfen? Moderne Analysen ihrer Wirkstoffe führen zu eindrucksvollen Ergebnissen. Doch: Wie viel Nutzen kann uns das verlorene Heilwissen wieder bringen? Eine spannende Suche in Pyramiden, Palästen und Klosterbibliotheken, in Wüste und Dschungel, Hightech-Labors und Kräutergärten. Der Pharao ist tot. Auf der Todesbarke tritt er die Fahrt ins Schattenreich an. Für seine letzte Reise ist Tutenchamun geschmückt mit einem Blütenhalskragen und Blumengirlanden. Geben diese Beigaben vielleicht Hinweise auf die Todesursache des jungen Pharao? Wurde mit ihnen eine Krankheit behandelt? Die goldene Totenmaske Tutenchamuns kennt jedes Kind, doch wie steht es um das medizinische Wissen der Alten Ägypter? Welche Pflanzen nutzten sie für ihre Medikamente? Welche Wissensschätze nahmen sie mit ins Grab? Eines der ältesten Rezepte der Menschheit verdanken wir einem ägyptischen Papyrus: „Wurzel des Granatapfelbaums 5 ro, Wasser 10 ro, werde nachts dem Tau ausgesetzt, werde durchgepresst, werde getrunken an einem Tag“ – so entstand ein Mittel gegen Bandwürmer. Chemische Analysen haben ergeben, dass die im Granatapfel enthaltenen Alkaloide tatsächlich Parasiten vertreiben. Dies ist nur ein Beispiel das zeigt, wie wichtig die Jagd nach dem verlorenen Heilwissen untergegangener Kulturen sein kann. Besonders an den Ufern des Nils wirkten über Jahrtausende die angesehensten Ärzte der alten Welt. In Fällen schwieriger Erkrankungen schickten selbst die Feinde der Pharaonen nach den berühmten ägyptischen Medizinern. Die Ärzte der Pharaonen – ihr Wissen für heute nutzbar zu machen, ist eine äußerst schwierige Aufgabe. Zum einen sind die erhaltenen medizinischen Papyri schwer zu übersetzen, da häufig nicht bekannt ist, welche Heilpflanze ein ägyptisches Wort bezeichnet. Zum anderen verschwinden mehr und mehr Pflanzenarten von unserem Planeten. Niemand kennt mehr ihre Namen oder ihre Wirkung. Können wir uns einen solch ignoranten Umgang mit der „grünen Apotheke“ – der Basis allen medizinischen Wissens – überhaupt leisten? Immer mehr Medizinhistoriker, Archäologen, Biologen, Chemiker und Pharmazeuten sagen: Nein! Renate Germer ist Ägyptologin und Biologin. Ideale Voraussetzungen, um nach dem verschollenen Heilwissen der alten Ägypter zu fahnden. Sie dechiffriert medizinische Papyri, versucht, in ihnen genannte Pflanzen zu identifizieren und diese dann vor Ort aufzuspüren. Eine wichtige Hilfe bei der Übersetzungsarbeit ist die traditionelle Volksmedizin, in der zahlreiche alte Erfahrungen überliefert wurden. Schwieriger gestaltet sich jedoch der nächste Schritt: das Auffinden der Heilpflanzen. An den Ufern des Nils und in den Weiten der Wüste ist Renate Germer auf der Suche nach den Ingredienzien der „grünen Apotheke“ der Pharaonen. Mit detektivischem Spürsinn geht sie jedem Hinweis nach. Als ihr in der Oase Baharija eine Frau von einem Fruchtbarkeitskult erzählt, der in einer Ruinenstadt zelebriert wurde, bricht sie noch am selben Abend zu diesem „magischen“ Ort auf. Und die Reise lohnt sich: Renate Germer findet die „Rose von Jericho“ – eine Pflanze, die seit Jahrhunderten in verschiedenen Kulturkreisen bei der Frauenheilkunde eingesetzt wird. Den auf ihrer Expedition sichergestellten Pflanzenschatz lässt Renate Germer von einem renommierten Chemiker in Deutschland untersuchen. Das Resultat ist faszinierend: Viele alte ägyptischen Heilpflanzen enthalten Wirkstoffe, die in der heutigen Pharmazie dringend gesucht werden. Die „Fagonia indica“ beispielsweise enthält einen Stoff, der die Abstoßreaktion bei Organtransplantationen verhindert. Auch in der HIV-Bekämpfung könnte das unscheinbare ägyptische Gras ungeahnte Heilerfolge erzielen. Doch die Forschung steht erst am Anfang. Nun werden auch die Pflanzen aus dem Grab Tutenchamuns umfassend analysiert. Die dort aufgefundene Schlafbeere enthält Substanzen die stresshemmend wirken und das Immunsystem stärken. War der junge Pharao mit seiner Aufgabe schlicht überfordert und bekam deswegen von seinen Ärzten aufbauende Medizin? Jede Antwort provoziert neue Fragen. Mit der Kamera wird die spannende Jagd nach dem Wissen der Pharaonenärzte verfolgt. Doch diese Reise in die Geschichte der Medizin ist nicht nur ein spannendes Abenteuer, sondern vor allem ein Weg, neue Medikamente gegen die Geiseln der Menschheit zu finden, oder vielmehr: sie wieder zu entdecken. Vor 4000 Jahren hatten die Ärzte am Nil ein ausgereiftes Kompendium an Heilmöglichkeiten zur Hand. Erst langsam begreifen wir, wie wichtig es für uns sein kann, diesen Wissensschatz wieder nutzbar zu machen.


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