(Doku in HD) Bedingt abwehrbereit – Terroralarm am Wochenende

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„An diesem Samstagmorgen ist die Angst in Bremen angekommen. Die Angst ist sichtbar für alle, die zum Sehenswürdigkeiten-Bestaunen oder zum Bummeln und Einkaufen in die Innenstadt kommen. Rund um Roland, Dom und Rathaus patrouillieren schwer bewaffnete Polizisten in Panzerwesten. Wer sich mit einem Auto dem Stadtkern nähert und irgendwie arabisch oder südosteuropäisch, irgendwie „muslimisch“ aussieht, muss damit rechnen, wie ein potentieller Attentäter behandelt zu werden: Ausweise werden kontrolliert, Kleidung und Autos durchsucht, diverse Leute für Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Auch das jüdische Gemeindezentrum – ein paar Kilometer von der Innenstadt entfernt – wird viel strenger bewacht als sonst. Es ist der 28. Februar 2015. Bremen ist im Ausnahmezustand.

Die Sicherheitsbehörden fürchten wegen „vertraulicher Hinweise“ aus nicht genannten Quellen folgendes Szenario: Vier gewaltbereite und schwer bewaffnete Islamisten sind nach Bremen unterwegs oder schon da. Sie wollen in Bremen mit einem Mann Kontakt aufnehmen, der unter Verdacht steht, sechzig Uzi-Maschinenpistolen für gewaltbereite Bremer Muslime beschafft zu haben. Möglicherweise sind in der Bremer Innenstadt oder am Jüdischen Gemeindezentrum Terroranschläge geplant.

Am Abend und in der Nacht werden ein islamisches Kulturzentrum mit Moschee und die Wohnungen des angeblichen Uzi-Beschaffers und seines Bruders durchsucht. Ergebnis: Es werden keine angereisten Terroristen gefunden, keine Waffen und auch sonst nichts Verdächtiges.

Bremens Innensenator, der Polizeipräsident und der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz rechtfertigen und loben am nächsten Tag den Polizeieinsatz. Und die Lage ist auf einmal angeblich viel weniger bedrohlich. In der Bremer Innenstadt ist nicht mehr Polizei zu sehen als sonst. Auf die Frage, warum die Gefahr so schnell so viel kleiner geworden sein soll, gibt es bei der Pressekonferenz keine nachvollziehbare Antwort. Und auch auf viele andere Fragen bleiben die für die Sicherheit der Bremer Bürger verantwortlichen Herren die Antwort schuldig.

Wochen später müssen sie zugeben, dass bei dem Polizeieinsatz schwere Pannen passiert sind. Unter anderem ist das islamische Kulturzentrum, in dem die angeblich angereisten Terroristen vermutet wurden, mehrere Stunden lang nicht observiert worden, bevor ein Spezialeinsatzkommando es stürmte und – wie gesagt – nichts und niemand Verdächtiges fand.

Und es stellt sich heraus, dass die „vertraulichen Hinweise“ auf eine Terrorgefahr wohl viel dünner waren als behauptet. Ein großer Teil davon stammt von einer wenig glaubwürdigen „Hinweisgeberin“, die ihre angeblichen Quellen gegenüber Verfassungsschutz und Polizei auf gar keinen Fall nennen will.

Bremer Landtagsabgeordnete, die für die Kontrolle von Verfassungsschutz und Polizei zuständig sind und Akten zu Terrorwarnung und Polizeieinsatz gelesen und in geheimen Sitzungen Beteiligte befragt haben, kommen am Ende zu folgendem Ergebnis: Bremen hat Glück gehabt, dass am 28. Februar niemand versucht hat, einen Terroranschlag zu unternehmen. Der Anschlag wäre vermutlich nicht vereitelt worden. Die Bremer Sicherheitsbehörden waren und sind überfordert. Bundesbehörden sollten in Zukunft für solche Gefahrenlagen zuständig und verantwortlich sein.

Aber der Bundesinnenminister lehnt das ab. Er will nur eine Eingreiftruppe aufstellen, die von den Ländern im Falle eines Falles zur Unterstützung angefordert werden kann. Und der Präsident des Bundeskriminalamts räumt ein, dass nicht nur die Polizei in den Bundesländern, sondern auch seine eigene Behörde überfordert ist mit der Bekämpfung möglicherweise gewaltbereiter Islamisten.

Nicht nur Bremen, sondern ganz Deutschland scheint also nicht wirklich gut gerüstet gegen Islamismus und islamistischen Terrorismus, obwohl die Gefahr seit Jahren bekannt und immer weiter gewachsen ist. Der Film „Bedingt abwehrbereit. Terroralarm am Wochenende“ zeigt am Beispiel Bremen, wie die Gefahr gewachsen ist und wie die zuständigen Behörden mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg versucht haben, ihr zu begegnen. Er erzählt die Geschichte einer möglicherweise überbewerteten Terrorwarnung und einer verkorksten Reaktion darauf. Er zeigt Verfassungsschützer, Polizisten und Politiker in Erklärungsnot. Er lässt Islamisten und andere Muslime zu Wort kommen und die Eltern nach Syrien ausgereister und dort mittlerweile getöteter Jugendlicher. Und er fragt die Verantwortlichen, was sie denn zu tun gedenken, damit Deutschland unbedingt abwehrbereit wird. „


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